Die Besichtigung beginnt mit dem Hauptwerk der Sammlung, dem Jüngsten Gericht von Hieronymus Bosch. Die in diesem berühmten Triptychon dargestellte Hölle ist für den heutigen Betrachter im Hinblick auf die Vorstellungskraft eher frappierend als beängstigend. Fabelwesen halb Fisch, halb Ei, die in Europa allgegenwärtige Angst vor den Osmanen und persönliche Enttäuschungen des Künstlers fließen hier zusammen. Schauen Sie sich die Hölle genau an und denken Sie darüber nach, wie die Gegenüberstellung von Sündhaftigkeit und Rechtschaffenheit die westliche Kultur geprägt hat. Anhand theologischer und evolutionstheoretischer Argumentationen werden Sie verstehen, warum Stolz als so gefährlich angesehen wurde und warum Kleriker darauf bedacht waren, die körperlichen Freuden ihrer Gemeindemitglieder im Zaum zu halten.
Die Heilige Familie von Cranach, deren theologische Aussage im 16. Jahrhundert abgelehnt wurde, erklärt Ihnen die Entstehung des Familienporträtgenres, während die Gemälde aus dem 14. und 15. Jahrhundert Ihnen die Geheimnisse des künstlerischen Schaffens um der religiösen Andacht willen enthüllen.
Die Entführung der Oreithyia durch Boreas von Rubens zeigt mit beeindruckender Überzeugungskraft, wie Kunst, die sensationelles Entzücken bringen und gleichzeitig effektvolle Innendekoration sein sollte, auszusehen hat. Hier sehen Sie auch die Arbeiten von zwei Rubens-Schülern; der eine trat nie aus dem Schatten seines Meisters hervor, der andere markierte eine neue Wende in der Entwicklung der europäischen Malerei.